Die Prüfungen waren nun
überstanden und das zweite Halbjahr hatte begonnen. Alle waren
gespannt, was sie nun in Zukunft erwartete, denn schließlich stand
das Internat unter einer neuen Leitung.
Gerade als Robin und Iggy
sich auf den Weg in die erste Unterrichtsstunde machen wollten,
begegneten sie Herrn von Zimmenthal.
„Herr
Held, würden Sie mir bitte in mein Büro folgen?“
Das Elementum schaute
seinen besten Kumpel fragend an, doch dieser schüttelte lediglich
unwissend den Kopf. Also ging Robin dem Lehrer nach.
Als sie in Quinns altem
und nun von Zimmenthals neuem Büro ankamen, saß bereits Florian
Argon auf einem Stuhl vor dem Schreibtisch.
„Hey
Florian!“, begrüßte ihn Robin erfreut. „Was machst du denn
hier?“
„Hallo
Robin! Das wird dir dein Schulleiter gleich verraten.“
„Nehmen
Sie bitte Platz!“, forderte der Wasser-Elementarist den Schüler
auf, während er sich selbst an seinen Schreibtisch setzte.
Robin folgte der
Anweisung und nahm auf dem Stuhl neben Florian Platz. Dann fuhr der
neue Schulleiter fort:
„Herr
Held, können Sie mit bitte sagen, warum das Haus 4E unter besonderem
Schutz der E-Wehr steht?“
„Wie
meinen Sie das?“
„Warum
sind hier so viele Wachmänner auf dem Gelände?“
„Na
ja“, entgegnete der Siebzehnjährige, „wir werden gewissermaßen
bedroht.“
„Wen
meinen Sie mit wir?“,
wollte Herr von Zimmenthal genauer wissen.
„Die
Schüler und auch die Lehrer“, antwortete Robin verwirrt.
„Warum
werden wir
denn bedroht?“
Der Schüler überlegte
kurz, bis er endlich kapierte, worauf sein Lehrer hinauswollte.
„Jemand
will mir persönlich an den Kragen.“
„Ganz
richtig“, bestätigte der Rektor nickend. „Und das kann ich als
Schulleiter nicht gutheißen. Wir mussten bereits ein Opfer bringen,
als Herr Quinn kaltblütig ermordet wurde.“
„Man
weiß noch nicht“, warf Florian Argon ein, „ob dies miteinander
zusammenhängt.“
„Das
ist richtig“, erwiderte Tiberius von Zimmenthal, „aber es ist
sehr wahrscheinlich, denn zuvor wurde das Haus 4E noch nie so
attackiert. Ich möchte verhindern, dass noch weitere solcher
Anschläge verübt werden.“
„Was
wollen Sie mir damit sagen?“, fragte Robin misstrauisch nach.
„Ich
habe beschlossen, dass Sie das Internat verlassen. Danach kann hier
endlich wieder Frieden einkehren.“
„Wie
bitte?“
Robin traute seinen Ohren
nicht. Er sollte von der Schule geworfen werden? Dabei konnte er doch
nichts dafür, dass er im Fokus eines Feindes stand. Er selbst hatte
doch nichts Böses getan, was einen Rauswurft rechtfertigte.
„Natürlich
liegt uns Ihre Bildung sehr am Herzen und mir fällt es sehr schwer,
Sie fortzuschicken, aber ich sehe keine andere Möglichkeit.“
Das Elementum glaubte
diesen heuchlerischen Worten des Rektors nicht. In Wirklichkeit war
er seiner Meinung nach doch froh darüber, ihn loszuwerden. Am
liebsten wäre er ihm ins Gesicht gesprungen. Doch er riss sich
zusammen und ließ den Lehrer aussprechen.
„Ich
habe bereits alles mit Herrn Argon besprochen“, fuhr Herr von
Zimmenthal fort. „Sie werden bei der E-Wehr untergebracht. Damit
schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe. Das Haus 4E ist aus der
Schusslinie gebracht und Sie stehen dafür unter besonderem Schutz
der Wachmänner.“
„Das
ist nicht Ihr ernst“, rief der Schüler aufgebracht. „Sie können
mich doch nicht einfach rausschmeißen!“ Er sprang auf und ballte
die Fäuste.
Da hielt ihn Florian am
Arm fest und sprach mit ruhiger Stimme:
„Bleib
gelassen, Robin. Setz dich wieder!“
Widerwillig befolgte er
den Rat seines Mentors.
„Selbstverständlich
werden Sie weiterhin auf das Abitur vorbereitet. Ich habe Ihnen einen
Privatlehrer engagiert, der täglich zur E-Wehr kommt und Sie
unterrichtet.“
Auch das noch!
Robin schaute seinen
Mentor Florian an und sprach verzweifelt:
„Jetzt
sag doch auch mal was! Das kann er doch nicht mit mir machen.“
Der Feuer-Elementarist
atmete tief durch, bevor er antwortete:
„Ehrlich
gesagt meine ich auch, dass das die richtige Entscheidung ist. Es ist
für alle Beteiligten das Beste.“
Robin wusste nicht mehr,
was er dazu noch sagen sollte. Ihm fiel einfach nur die Kinnlade
herunter. Anscheinend hatte sich die ganze Welt gegen ihn
verschworen.
„Sie
dürfen jetzt in aller Ruhe packen und dann fahren Sie mit Herr Argon
mit zur E-Wehr“, erklärte der Schulleiter ruhig.
„Darf
ich mich wenigstens von meinen Freunden verabschieden?“
„In
der Mittagspause dürfen Sie das. Bis dahin haben Sie Zeit, Ihre
Sachen zusammenzusuchen.“
Robin nickte. Er gab auf,
da er sowieso keine Argumente hatte, die den Rektor hätten umstimmen
können. Wohl oder übel musste er sein Schicksal annehmen.
Verärgert und ohne sich
zu verabschieden verließ er das Büro.
„Wo
warst du denn während des Unterrichts“, fragte Marina, als sie mit
den anderen auf den Innenhof kam, wo Robin bereits mit gepackten
Taschen stand.
„Und
warum zum Teufel hast du hier dein ganzes Gepäck herumstehen?“,
wollte Iggy wissen.
„Lass
mich raten“, mischte sich Aria ein. „Du gehst wieder auf eine
Reise zu einem besonderen Elementaristen, der dir etwas beibringt,
oder?“
„Normalerweise
machst du das aber doch am Wochenende“, gab Jojo zu bedenken.
Robin fiel es schwer zu
antworten, aber er musste es ihnen beichten:
„Ich
werde das Haus 4E verlassen und in ein Zimmer bei der E-Wehr ziehen.“
„Was?“,
fragten alle vier Freunde gleichzeitig.
„Das
ist nur ein Scherz“, rief Iggy aufgebracht.
„Leider
nein“, entgegnete das Elementum. „Herr von Zimmenthal ist der
Meinung, dass meine Anwesenheit alle hier in Gefahr bringt. Daher
muss ich weg.“
„Gibt
er dir etwa die Schuld für den Mord an Quinn?“, wollte Aria
wissen.
„Irgendwie
schon“, antwortete der Siebzehnjährige. „Er will nicht, dass
noch mehr wegen mir sterben müssen.“
„Das
klingt so, als ob du Verständnis dafür hättest?“, hakte Marina
nach. „Aber dir ist doch klar, dass das Mist ist? Du kannst absolut
nichts dafür.“
„Ja,
ich weiß, aber mir bleibt nichts anderes übrig. Florian nimmt mich
gleich mit zur E-Wehr. Dort bekomme ich auch Privatunterricht.“
„Das
ist schrecklich“, schluchzte die Wasser-Elementaristin plötzlich
los und fiel ihrem Freund um den Hals.
„Du
kannst nicht abhauen“, warf Iggy ein. „Du kannst mich nicht
alleine lassen. Ohne dich kriege ich doch nichts gebacken. Meine
schlechte Leistung bei der Prüfung zeigt doch, dass ich deine
Unterstützung brauche.“
„Vielleicht
sollten wir noch mal mit Herrn von Zimmenthal reden“, schlug Aria
vor.
„Als
ob das was bringen würde“, entgegnete Iggy sarkastisch.
„Leute“,
sagte Robin schließlich, „wir haben doch alle Handys. Wir
schreiben uns einfach in einem Gruppenchat. So halten wir uns auf dem
Laufenden. Und vielleicht können wir uns zwischendurch auch mal
sehen. Ich bin schließlich kein Gefangener.“
Alle reagierten mit einem
stummen Nicken. Dann umarmten sie ihren Kumpel nacheinander. Marina
wollte ihn gar nicht mehr loslassen und weinte bitterlich. Aber das
Elementum musste sich irgendwann losreißen. Florian Argon wartete
bereits im Auto und daher musste er schließlich gehen.
Der Abschied fiel ihm
schwer. Vor allem bedrückte ihn, dass er nicht wusste, ob er jemals
wieder zurückkehren durfte. Er hoffte innerlich darauf, dass es nur
zeitweise war. Aber das wusste man nicht.
Wenn Sie nur den
Mörder schnappen würden...