Es war der letzte
Schultag vor den Weihnachtsferien und Zeit zum Wichteln. Im
Klassenraum von Frau Bottenberg herrschte reges Treiben. Jeder war
ein wenig aufgeregt. Vor ihnen raschelten diverse Geschenktüten und
eingepackte Päckchen. Frau Bottenberg hatte selbstgebackene
Plätzchen für ihre Schüler vorbereitet und verteilte sie. Als
Robin in eines hineinbiss, musste er sie für fantastisch befinden.
Sie waren sehr lecker. Dann hielt die Lehrerin eine kurze Ansprache
und forderte die Klasse auf, die Geschenke zu verteilen.
Jojo wollte es sogleich
hinter sich bringen und brachte seiner Lehrerin das recht flache
Päckchen.
„Das
ist aber süß“, kommentierte sie das Geschenkpapier mit den
Schneemännern. „Das fühlt sich an wie ein Buch.“
Tatsächlich war es ein
Backbuch mit Rezepten für verschiedene Weihnachtsplätzchen.
„Ich
hoffe, es gefällt Ihnen.“
„Aber
sicher doch“, entgegnete Frau Bottenberg freundlich. „Wie Sie
heute festgestellt haben, backe ich sehr gerne Plätzchen. Es passt
perfekt zu mir. Vielen Dank!“
Aria wollte gerade Robin
ihr Geschenk überreichen, als sie sah, wie er sich erhob und auf
direktem Wege auf Marina zu marschierte. Sie wollte kurz abwarten,
bis er ihr sein Geschenk überreicht hatte, bevor sie ihm ihres gab.
So lange würde es ja wohl nicht dauern. Zwar war sie ein wenig
eifersüchtig, dass ausgerechnet Marina von ihm beschenkt wurde, aber
so war das Spiel eben. Für die gezogenen Namen konnte keiner etwas.
Marina blickte den
Sechzehnjährigen erstaunt an, als er vor ihr stand.
„Das
ist für dich“, erklärte der junge Mann und hielt ihr ein sehr
kleines Päckchen und einen Brief hin.
Marina nahm es
widerwillig an und legte es vor sich auf dem Tisch ab. Sie wollte ihm
nicht sehr viel Beachtung schenken. Doch da Robin sich nicht von der
Stelle bewegte, nahm sie es wieder in die Hand und riss das Papier
von dem Päckchen auf. Darunter kam ein kleines Etui zum Vorschein.
Sie öffnete es und darin befand sich ein kleiner Herz-Anhänger.
„Hoffentlich
gefällt es dir.“
Marina verzog keine
Miene. Sie wollte ihm ja keinen Hinweis auf ihre Gefühlswelt geben.
Gespielt desinteressiert öffnete sie den Umschlag. Darin erwartete
sie eine gewöhnliche Weihnachtskarte. Stattdessen war ein
handgeschriebener Brief darin. Versunken in den Zeilen laß sie ihn
still durch:
Liebe Marina,
da du nicht mit
mir sprechen möchtest, versuche ich mein Glück auf diesem Wege. In
der letzten Zeit sind einige Missverständnisse zwischen uns
aufgetreten, die mir sehr leid tun. Ich bin ein ungeschickter und
dummer Junge, doch eines kannst du mir glauben: Ich habe dich sehr
gern.
Die Verabredung
mit Aria war schon lange ausgemacht. Da wusste ich noch nicht, dass
ich mich einmal in dich verlieben würde. Es fiel mir so schwer, Aria
abzusagen. Ich war einfach zu feige und das tut mir schrecklich leid.
Aber als ich mit ihr unterwegs war, konnte ich nur an dich denken.
Mir wurde bewusst, dass ich nur mit dir zusammen sein möchte. Und
wenn du nur ein kleines Bisschen dasselbe für mich empfindest, würde
ich mich darüber freuen, einmal mit dir ausgehen zu dürfen.
Dein Robin
Marina glaubte einfach
nicht, was sie da laß. Plötzlich machte ihr Herz einen Sprung. Ihre
Gefühle überwältigten sie. Sie schaute Robin in die Augen. Er
stand da, mit leicht hochgezogenen Mundwinkeln und verschüchterten
Augen. Wie ein kleiner Junge stand er vor ihr und wartete ihre
Reaktion ab.
Sie konnte sich nicht
mehr zurückhalten und so sprang sie auf und fiel dem Elementum um
den Hals. Auch er nahm sie in den Arm. Er war glücklich und
zufrieden, wie er es wohl zuvor noch nie war.
Aria stand ein paar Meter
entfernt und sah dies mit an. Eine heftiger Kloß blieb ihr im Hals
stecken und ihr Herz verkrampfte sich. Eilig steckte sie das Geschenk
für Robin wieder in ihre Tasche. Sie entschied sich, es ihm doch
nicht zu geben. Enttäuscht schloss sie ihre Augen und eine Träne
kullerte ihrer Wange hinab.
Iggy bekam davon zunächst
nichts mit. Er ging auf Peter zu und überreichte ihm sein Geschenk.
Es war ein Buch über Botanik, was der Rotschopf günstig im Internet
bestellte. Seine romantischen Gefühle waren mittlerweile verflogen.
Peter bedankte sich. Und da er wusste, dass Iggy mit Jojo befreundet
war, fragte er ihn:
„Sag
mal, Ignaz, hat Joris mal etwas über mich gesagt?“
„Wie?“,
hakte der Feuer-Elementarist gespielt unwissend nach.
„Na
ja, hat er mal meinen Namen erwähnt?“
„Keine
Ahnung. Nicht, dass ich wüsste. Aber er erzählt ständig von seiner
Freundin.“
Erschrocken sah der
Erd-Elementarist Iggy an.
„Freundin?“
„Ja,
er ist ja so verliebt und spricht ständig von ihr.“
Iggy war stolz auf sich,
dass ihm das so spontan einfiel. Damit würde er seinem Kumpel
bestimmt geholfen haben. Wahrscheinlich war er ihn nun ein für alle
Mal los.
„Wer
ist denn seine Freundin?“, wollte Peter allerdings wissen.
„Äh“,
begann der rothaarige Elementarist unsicher. Er musste sich schnell
etwas einfallen lassen. Ihm fiel nichts Besseres ein, also antwortete
er mit „Aria!“
„Aria?“,
fragte Peter noch mal nach. Dann blickte er sich um. Auch Iggy folgte
seinem Blick und beide erspähten Aria, wie sie mitten in der Klasse
stand und weinte.
„Glücklich
verliebt scheint sie ja nicht gerade zu sein“, kommentierte der
Erd-Elementarist misstrauisch. Doch Iggy ließ ihn einfach so stehen
und lief auf seine Freundin zu.
„Aria?
Was ist los?“
Das Mädchen sah Iggy an
und wischte sich schnell die Tränen ab.
„Nichts!
Alles gut“, versuchte sie sich rauszureden.
Doch Iggy ließ sich
nicht so leicht abschütteln. Er nahm sie an die Hand und zog sie aus
dem Klassenzimmer. Da sowieso alle wild durcheinander redeten und
beschäftigt waren, merkte es die Lehrerin nicht einmal.
Vor der Tür ließ der
Feuer-Elementarist nicht locker:
„Nun
erzähl schon! Was ist los?“
„Es
ist Robin. Ich glaube, er steht auf Marina. Dabei dachte ich, wir
seien ein Paar.“
„Pah“,
entgegnete Iggy leicht wütend. „Robin ist so ein Egoist. Er hätte
dir schon längst sagen müssen, dass er auf Marina steht und dich
nicht einfach so im Unklaren lassen dürfen.“
Arias Dämme brachen und
sie fing zu schluchzen an. Iggy sprach einfach weiter:
„Er
nimmt überhaupt keine Rücksicht auf die Gefühle seiner
Mitmenschen. Er weiß gar nicht, was er ihnen damit antut. So einen
musst du vergessen. Der Zirkel ist gestorben!“
Aria blickte ihren
hitzigen Freund verunsichert an. Sie war sich nicht sicher, ob sie
das wollte. In einem Punkt hatte er zwar recht, aber andererseits
wollte sie nicht, dass dadurch der Zirkel zerbrach. Nun hatte sie
sogar ein schlechtes Gewissen.