Robin war so kaputt, dass
er den ganzen Tag verschlief. Die Nacht im Wald hatte ihn total
geschlaucht, sodass er erschöpft wie ein Stein durchschlief.
Als er am nächsten
Morgen erwachte, fühlte er sich viel besser. Er streckte sich im
Bett und lief dann ins Badezimmer, wo er sich eine lange Dusche
gönnte. Beim Zähneputzen ertönte ein Handy im Zimmer. Das war aber
nicht Iggys Weckruf. Der Rotschopf hatte nämlich ein Piepen als
Weckton eingestellt, weil er bei Musik einfach nicht wach wurde. Doch
jetzt ertönte für einen Moment ein Popsong. Das verwunderte Robin,
doch dann fuhr er einfach mit seiner Morgenroutine fort.
Als er kurze Zeit später
ins Zimmer zurückging, erschrak er. Nicht Iggy saß im Schlafanzug
am Rand des Nachbarbettes, sonder Marin.
„Guten
Morgen“, begrüßte der Wasser-Elementarist ihn fröhlich.
„Was
machst du denn hier?“
„Ich
habe Iggys Bett übernommen. Er wollte sowieso in ein anderes Zimmer.
Also haben wir getauscht. Rektor Quinn war einverstanden mit der
Idee, dass ich dein persönlicher Leibwächter sein würde.“
„Wie
bitte?“ Robin glaubte, nicht richtig zu hören. Damit war er ganz
und garnicht einverstanden. Schnell zog er sich eine Hose und ein
T-Shirt an und rannte aus dem Zimmer.
Heftig klopfte er an Frau
Funkes Bürotür. Sie war seine Tutorin und mit ihr wollte er
unbedingt sprechen. Vielleicht konnte sie den Zimmertausch wieder
rückgängig machen.
Doch die Tür öffnete
sich nicht. Es war Sonntagmorgen. Wahrscheinlich war die Lehrerin
noch in ihrem Privatzimmer. Aber es galt das strenge Gebot, dass die
Schüer die Lehrer in ihren Wohnräumen nicht aufsuchen durften. Das
konnte der junge Elementarist sogar verstehen, denn in so einem
Internat hatten die Lehrkräfte sowieso kaum Freizeit. Sie waren ja
jeden Tag quasi 24 Stunden im Einsatz.
Also beschloss Robin,
zunächst zum Frühstück zu gehen und seine Lehrerin später
aufzusuchen. Kaum hatte er sich mit seinem Tablett an einen Tisch
gesetzt, saß auch schon Marin neben ihm.
„Na,
hast du den Schock verkraftet?“
„Lass
mich bitte in Ruhe, Marin.“
„Was
hast du denn?“, hakte der Wasser-Elementarist nach.
„Ich
brauche keinen Bodyguard. Ich kann alleine auf mich aufpassen.“
„Das
meinst du, aber du bist noch ein Anfänger, was deine Fähigkeiten
betrifft.“
„Ich
habe meine Freunde.“
Marin lachte leicht auf.
Da fühlte sich das
Elementum ertappt. Mit seinen Freunden lief es gerade ja nicht sehr
gut. Marina und Iggy sprachen nicht mit ihm und Aria würde es bald
auch nicht mehr tun, wenn er endgültig mit ihr Schluss machte. Da
blieb nur Jojo.
Jojo!
„Mein
Kumpel Jojo ist ein Muskelprotz“, verlautete Robin schließlich.
„Er wäre ein viel besserer Leibwächter als du.“
„Joris
mag sehr stark an Körperkraft sein. Aber auch er hat noch viel zu
lernen, wenn es um sein Element geht.“
Damit beendete der
ehemalige Schüler die Diskussion. Und Robin nahm sich nun noch
dringender vor, mit Frau Funke zu sprechen.
Später hatte er auch
endlich die Möglichkeit dazu. Er fand sie schließlich in ihrem Büro
vor.
„Was
kann ich für Sie tun, Herr Held?“
„Ich
möchte mit Ihnen über meinen neuen Zimmergenossen sprechen.“
„Marin
Hollenbach?“, fragte die Feuer-Elementaristin nach.
„Genau.
Ich möchte nicht, dass er ein Zimmer mit mir teilt.“
„Herr
Quinn hat dies entschieden. Er erachtet es als eine gute Idee, wenn
er Ihnen zur Seite steht, falls erneut jemand versucht, Sie
anzugreifen.“
„Aber
muss das sein? Und warum ausgerechnet er?“
„Er
ist ein talentierter Elementarist, der die Schulausbildung
abgeschlossen hat“, antwortete sie. „Außerdem wäre es doch
ziemlich unangebracht, wenn eine Lehrkraft in Ihrem Zimmer
unterkommen würde“, versuchte Frau Funke zu scherzen.
„Aber
ich brauche doch gar keinen Leibwächter“, argumentierte das
Elementum.
„Das
sieht Herr Quinn ein bisschen anders. Zwar werden morgen zwei Männer
von der E-Wehr vor den Toren des Internats postiert, aber innerhalb
des Gebäudes könnten Sie auch Unterstützung gebrauchen.“
„Frau
Funke“, sprach er auf seine Lehrerin ein, „das ist absolut keine
gute Idee.“ Er stockte kurz, entschloss sich aber dann dennoch,
seine Vermutungen zu äußern. „Ich vermute, dass Marin der
Angreifer ist. Ein Wasser-Elementarist war das und Marin ist einer.“
„Herr
Held, ich weiß, dass Sie seit der Sache mit Herrn Hawkins sehr
misstrauisch sind. Aber Herr Hollenbach ist kein Bösewicht. Dafür
legt Herr Quinn seine beiden Hände ins Feuer. Herr von Zimmenthal
übrigens auch.“
Robin atmete kurz ein und
aus. Er musste sich selbst beruhigen, bevor er fortfuhr:
„Bei
Herrn Hawkins hatte ich auch recht. Und dieses Mal habe ich wieder
ein schlechtes Gefühl. Bitte!“
„Na
gut“, sagte die Lehrerin schließlich. „Ich werde noch einmal mit
dem Rektor sprechen.“
„Danke!“
„Aber
gehen Sie lieber davon aus, dass Sie sich mit ihrem neuen
Zimmergenossen abfinden müssen.“
Das waren keine guten
Aussichten. Dennoch gab er die Hoffnung nicht auf. Für ihn war es
eine Horrorvorstellung, mit Marin ein Zimmer teilen zu müssen.
Irgendwie musste er Iggy wieder dazu kriegen, zurückzukehren.
Also machte er sich auf
die Suche nach seinem eigentlich besten Freund. Er wusste ja, wo sich
Marins altes Zimmer befand. Also versuchte er es zuerst dort. Doch er
hatte kein Glück. Dann ging er zum Aufenthaltsraum. Auch dort war
der Rotschopf nicht zu finden. In der Bibliothek sah er ebenfalls
vergeblich nach. Wo war er nur?
Schließlich zog er sein
Handy aus der Hosentasche und schrieb eine Nachricht an Jojo:
Hast du eine Ahnung,
wo Iggy ist?
Er musste nicht lange auf
eine Antwort warten:
Er ist hier bei mir
im Zimmer. Wir chillen ein bisschen.
Na super...
Nun waren die beiden wieder zusammen wie ein Herz und eine Seele.
Langsam merkte er, dass er doch wieder eifersüchtig wurde. Iggy
hatte sich einen neuen besten Freund gesucht und ihn in Jojo
gefunden. Dabei hatte er doch gerade etwas Schlimmes mit dem
Muskelprotz durchgemacht. Er dachte, das hätte sie
zusammengeschweißt, aber nun musste er feststellen, dass Jojo und
Iggy mehr Zeit miteinander verbrachten.
Dagegen musste er etwas
tun. Also machte er sich auf den Weg zu Jojos Zimmer und klopfte an.
Als Jojo die Tür öffnete, schnaufte Iggy genervt.
„Entschuldigt
bitte die Störung“, begann Robin enthusiastisch, „aber ich
wollte doch noch mal mit dir sprechen, Iggy.“
„Kein
Interesse“, gab der rothaarige Elementarist mit ernster Stimme
zurück.
„Das
kannst du mir nicht antun“, flehte Robin schließlich. „Du musst
mir bitte eine Chance geben.“
Da stand Iggy auf und
schob sich am Elementum vorbei durch die Tür.
„Wir
sehen uns, Jojo“, verabschiedete er sich und lief davon.
Mit traurigem Blick blieb
der Sechzehnjährige zurück. Aufmunternd klopfte ihm Jojo auf die
Schulter.