[Elementum 2] Stille Wasser - Kapitel 14

Hey Marina“, rief Aria und rannte auf die Wasser-Elementaristin zu. Es war gerade Mittagspause und sie war gerade auf dem Weg in die Mensa.
Was gibt es?“, fragte Marina ihre Freundin.
Als du nicht da warst, haben wir bei Frau Bottenberg beschlossen, dass wir dieses Jahr in der Klasse wichteln. Wir haben auch die Namen gezogen. Frau Bottenberg hat noch deinen Zettel. Wollen wir ihn gemeinsam abholen gehen?“
Oh“, antwortete Marina zurückhaltend. „Okay.“
So machten sie sich auf den Weg und verschoben das Mittagessen zunächst einmal auf später. Aria war wie immer ziemlich fröhlich, doch Marina sagte keinen Ton und hielt sich zurück. Das bemerkte die Luft-Elementaristin.
Die ganze Sache zwischen Marin und dir ist echt mies“, versuchte Aria ein Gespräch zu beginnen.
Mmh“, war lediglich Marinas knappe Antwort.
Dein Bruder ist fast so schlimm wie Herr von Zimmenthal, oder?“

Marina nickte stumm, sagte aber nichts dazu. Sie wollte nicht darüber reden. Sie hatte Angst, dann in Tränen ausbrechen zu müssen. Die vergangenen Wochen hatten an ihren Nerven gezerrt. In der Schule war es mit ihrem Tutor schlimm genug. Dann kam noch ihr Bruder hinzu, der sie bei den Eltern anschwärzte, die ihm auch noch Glauben schenkten. Auch wenn das Gutachten des Psychologen zu ihren Gunsten ausgefallen war, würden ihre Eltern sie nun zukünftig im Auge behalten. Zu guter Letzt war dann auch noch Robin, den sie sehr mochte, der aber anscheinend was mit Aria am Laufen hatte. Deshalb fiel es ihr doppelt schwer, mit ihr zu reden. Auch wenn sie Freundinnen waren.
Bevor die Luft-Elementaristin noch mehr nachfragen konnte, waren sie an Frau Bottenbergs Büro angekommen. Sie klopften an und zum Glück war die nette Lehrerin da.
Was kann ich für Sie tun?“, wollte die dickliche Dame wissen.
Wir möchten nur Marinas Zettel mit ihrem Wichtelkind bei ihnen abholen“, erklärte Aria.
Ach so. Verstehe. Einen Moment, ich hole ihn.“
Marina war ein wenig gespannt darauf, wen sie wohl beschenken durfte. Insgeheim hoffte sie auf Robin. Auch wenn es gerade kompliziert mit ihm war, wollte sie, dass sie sein Wichtel sein durfte.
Ich bin mal gespannt, wen du beschenken darfst“, sprach Aria in dem Moment, als Frau Bottenberg ihr den Zettel überreicht hatte.
Sie bedankten und verabschiedeten sich. Auf den Weg in die Mensa faltete Marina langsam den Zettel auseinander.
Und? Wer ist es?“, wollte Aria zunächst wissen. „Ach nein, verrate es mir nicht. Es soll ja eine Überraschung sein. Obwohl ich echt neugierig bin...“
Marina war enttäuscht. Auf dem Stück Papier stand der Name eines Mädchens aus ihrer Klasse.
Es ist Diana“, verriet die Wasser-Elementaristin seufzend.
Ah, okay“, kommentierte Aria. „Dann verrate ich dir auch, wen ich gezogen habe: Robin.“ Sie grinste ihre Freundin erfreut an, doch Marina erwiderte diese Aussage eher mit einem bekümmerten Blick.
Nun hatte sie auch noch seinen Namen gezogen, dachte sie sich ein wenig eifersüchtig. Anscheinend konnte es nur immer schlimmer für sie werden.

Später machte sich Robin mal wieder auf den Weg in die Schwimmhalle, wo erneut eine Nachhilfestunde mit Marin stattfinden sollte. Er hatte überhaupt keine Lust, aber dieses Mal hatte er wenigstens eine Aufgabe: Er wollte herausfinden, ob Marin neulich am Eisernen Steg war oder er gar derjenige in Berlin war, der ihn angegriffen hatte.
Robin, schön, dass du wieder gekommen bist. Heute möchte ich Atemübungen zur Konzentration mit dir machen. Daher wird es dieses Mal sehr ruhig und du musst das Wasser nicht heraufbeschwören.“
Heißt das, ich habe völlig umsonst meine Badehose angezogen?“, wollte der Sechzehnjährige wissen.
Das ist richtig, aber ja nicht so schlimm“, war Marins Antwort. Am liebsten wäre er ihm dabei an die Gurgel gesprungen.
Sie setzten sich auf den Boden an den Rand des Pools. Im Schneidersitz gegenüber saßen sie nun da.
Bevor wir anfangen“, warf Robin ein, „möchte ich dich was fragen.“
Ja bitte?“
Neulich war ich abends mit Aria unterwegs.“
Ja?“
Wir waren tanzen.“
Super“, kommentierte Marin dies erfreut. „Und was hat das mit mir zu tun?“
Das Elementum hatte sich einen Plan einfallen lassen, um herauszufinden, ob Marin dort war. Er hoffte, dass es funktionierte. Daher fuhr er fort:
Wir waren in Sachsenhausen tanzen. Danach gingen wir zum Südbahnhof und fuhren mit der U-Bahn zurück zur Schule.“
Kurze Pause. Marin widersprach nicht, sondern schaute ihn weiterhin fragend an. Er hoffte, dass er ihm widersprach und sagte, er wäre am Eisernen Steg gewesen. Doch entweder war Marin tatsächlich sehr gerissen oder er war nicht dort.
Ich warte auf die Frage“, forderte Marinas Bruder ihn auf.
Kann es sein, dass du auch unterwegs warst?“
Wie kommst du darauf?“
Ich dachte, ich hätte dich gesehen.“
Robin passte gut auf, wie Marin nun reagieren würde. Vielleicht geriet er ja ins Stottern.
Nein, das kann nicht sein“, war stattdessen seine Antwort. „Ich brauche meinen Schlaf und gehe deshalb jeden Tag um halb zehn ins Bett.“
Mist, dachte sich Robin. Marin ist ziemlich souverän. Nun wusste er nach wie vor noch nicht, ob er ihn angegriffen hatte.
Können wir nun anfangen?“, erkundigte sich der Wasser-Elementarist leicht genervt.
Ja“, war Robins leicht enttäuschte Antwort. Nun blieb ihm nichts anderes übrig, als mit ihm die Nachhilfestunde durchzuziehen.

Währendessen wollte Jojo seinem Kumpel Iggy einen Gefallen tun und daher suchte er Peter auf. Er wollte herausfinden, ob Iggy vielleicht eine Chance bei ihm hatte.
Er erkundigte sich bei den anderen Erd-Elementaristen, wo Peters Zimmer war und suchte es auf. Er klopfte an der Tür. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sich die Tür öffnete.
Hallo. Was kann ich für dich tun?“
Hallo Peter! Du weißt, wer ich bin?“
Natürlich“, antwortete er freundlich. „Du bist nicht gerade jemand, den man übersehen kann.“ Bei diesem Satz schaute er Jojo von oben bis unten grinsend an. Tatsächlich war der große Erd-Elementarist mit den massigen Muskeln keine unauffällige Person. Obwohl er ein ruhiger und zurückhaltender Typ war, fielen die Blicke auf ihn, sobald er den Raum betrat.
Schließlich fuhr Jojo fort:
Ich bin hier, weil ich gehört habe, dass du dich total mit Pflanzen auskennst. Ist das wahr?“
Ja“, bestätigte Peter. „Ich liebe Blumen über alles.“
Ach sehr gut. Ich möchte nämlich eine Hausarbeit zum Thema Orchideen schreiben.“
Echt wahr?“, hakte er nun neugierig nach. Seine Augen fingen zu strahlen an. „Orchideen sind meine Lieblingsblumen. Komm herein! Ich habe hier sogar welche herumstehen.“
Jojo war stolz auf sich, dass seine Ausrede funktionierte. Er betrat das Zimmer und war überwältigt. Das ganze Zimmer war voller Pflanzen. Es war quasi eine grüne Oase. In der einen Ecke standen einige Töpfe mit großen grünen Pflanzen. Auf einem Sideboard standen mehrere Orchideen in verschiedenen Farben. Ihm fiel sofort auf, dass es im Zimmer auch sehr warm war. Einige Solarstrahler sorgten dafür.
Wow!“, rief der bullige Schüler erstaunt aus.
Danke dir!“
Über dem großen Doppelbett waren einige Regalbretter angebracht, auf denen allerlei Botanik-Bücher standen. In diesem Moment bemerkte Jojo, dass das zweite Bett in dem Zimmer fehlte.
Du hast ein Einzelzimmer?“, fragte er deshalb den dunkelhaarigen Eementaristen mit dem außergewöhnlich edlen Klamottenstil.
Ja, meine Eltern zahlen dafür eine extra Summe. Mir war es sehr wichtig, Platz für meine Pflanzen zu haben. Zuhause habe ich ein eigenes Treibhaus und einen riesigen Garten auf unserem Anwesen.“
Anwesen?“
Jojo wurde bewusst, dass Peter wohl stinkreich war. Denn nur so konnte sich seine Familie so etwas leisten. Und dass man Einzelzimmer im Haus 4E haben konnte, war ihm auch neu.
Peter setzte sich auf sein Bett und bot Jojo einen Platz direkt neben ihm an:
Setz dich doch zu mir“, forderte er ihn auf.
Zögerlich nahm Jojo Platz. Noch immer war er fasziniert von der Blütenvielfalt. Es roch auch anders als in den anderen Zimmern. Hier roch es definitiv nicht nach Jungenschweiß, sondern nach Frühling.
Nun“, fing der Pflanzen-Liebhaber an, „erzähl schon, warum du wirklich hier bist.“
Jojo schaute seinen Mitschüler erschrocken an. Hatte er ihn doch durchschaut?
Wie kommst du darauf...?“
Doch Peter ließ ihn gar nicht zuende sprechen. Er legte seine Hand auf Jojos Knie und sprach:
In NaWi nehmen wir gerade ein Chemie-Thema durch und nicht Biologie.“
Im Haus 4E wurden nämlich die drei Naturwissenschaften Chemie, Physik und Biologie abwechselnd in einem Fach unterrichtet. So war eine Hausarbeit zum Thema Orchideen gerade ziemlich unsinnig.
Du willst doch was ganz anderes von mir.“ Peter sah den großen Burschen anzüglich an.
Jetzt wurde es Jojo aber ziemlich unangenehm. Sein Plan ging furchtbar daneben. Das war gar nicht seine Intention und Peter hatte es vollkommen missverstanden. Er zuckte zusammen, als er die Hand auf seinem Bein spürte.
Was ist los?“, wollte Peter wissen.
Ich glaube, ich muss gehen.“ Damit sprang er auf und verließ fluchtartig das Zimmer. Peter blieb verdutzt zurück.
Als Jojo wieder draußen im Flur stand, musste er heftig durchschnaufen. Also einen Zweifel konnte er wohl beheben, was Iggy wohl erfreuen würde. Einen anderen hatte er jetzt wohl bei seinem Schulkameraden gehegt, welches ihm nun sehr unangenehm war. Hoffentlich würde er das sehr schnell vergessen. Die ganze Situation war ihm sehr peinlich.