„Hey
Marina“, rief Aria und rannte auf die Wasser-Elementaristin zu. Es
war gerade Mittagspause und sie war gerade auf dem Weg in die Mensa.
„Was
gibt es?“, fragte Marina ihre Freundin.
„Als
du nicht da warst, haben wir bei Frau Bottenberg beschlossen, dass
wir dieses Jahr in der Klasse wichteln. Wir haben auch die Namen
gezogen. Frau Bottenberg hat noch deinen Zettel. Wollen wir ihn
gemeinsam abholen gehen?“
„Oh“,
antwortete Marina zurückhaltend. „Okay.“
So machten sie sich auf
den Weg und verschoben das Mittagessen zunächst einmal auf später.
Aria war wie immer ziemlich fröhlich, doch Marina sagte keinen Ton
und hielt sich zurück. Das bemerkte die Luft-Elementaristin.
„Die
ganze Sache zwischen Marin und dir ist echt mies“, versuchte Aria
ein Gespräch zu beginnen.
„Mmh“,
war lediglich Marinas knappe Antwort.
„Dein
Bruder ist fast so schlimm wie Herr von Zimmenthal, oder?“
Marina nickte stumm,
sagte aber nichts dazu. Sie wollte nicht darüber reden. Sie hatte
Angst, dann in Tränen ausbrechen zu müssen. Die vergangenen Wochen
hatten an ihren Nerven gezerrt. In der Schule war es mit ihrem Tutor
schlimm genug. Dann kam noch ihr Bruder hinzu, der sie bei den Eltern
anschwärzte, die ihm auch noch Glauben schenkten. Auch wenn das
Gutachten des Psychologen zu ihren Gunsten ausgefallen war, würden
ihre Eltern sie nun zukünftig im Auge behalten. Zu guter Letzt war
dann auch noch Robin, den sie sehr mochte, der aber anscheinend was
mit Aria am Laufen hatte. Deshalb fiel es ihr doppelt schwer, mit ihr
zu reden. Auch wenn sie Freundinnen waren.
Bevor die
Luft-Elementaristin noch mehr nachfragen konnte, waren sie an Frau
Bottenbergs Büro angekommen. Sie klopften an und zum Glück war die
nette Lehrerin da.
„Was
kann ich für Sie tun?“, wollte die dickliche Dame wissen.
„Wir
möchten nur Marinas Zettel mit ihrem Wichtelkind bei ihnen abholen“,
erklärte Aria.
„Ach
so. Verstehe. Einen Moment, ich hole ihn.“
Marina war ein wenig
gespannt darauf, wen sie wohl beschenken durfte. Insgeheim hoffte sie
auf Robin. Auch wenn es gerade kompliziert mit ihm war, wollte sie,
dass sie sein Wichtel sein durfte.
„Ich
bin mal gespannt, wen du beschenken darfst“, sprach Aria in dem
Moment, als Frau Bottenberg ihr den Zettel überreicht hatte.
Sie bedankten und
verabschiedeten sich. Auf den Weg in die Mensa faltete Marina langsam
den Zettel auseinander.
„Und?
Wer ist es?“, wollte Aria zunächst wissen. „Ach nein, verrate es
mir nicht. Es soll ja eine Überraschung sein. Obwohl ich echt
neugierig bin...“
Marina war enttäuscht.
Auf dem Stück Papier stand der Name eines Mädchens aus ihrer
Klasse.
„Es
ist Diana“, verriet die Wasser-Elementaristin seufzend.
„Ah,
okay“, kommentierte Aria. „Dann verrate ich dir auch, wen ich
gezogen habe: Robin.“ Sie grinste ihre Freundin erfreut an, doch
Marina erwiderte diese Aussage eher mit einem bekümmerten Blick.
Nun hatte sie auch
noch seinen Namen gezogen,
dachte sie sich ein wenig eifersüchtig. Anscheinend konnte es nur
immer schlimmer für sie werden.
Später machte sich Robin
mal wieder auf den Weg in die Schwimmhalle, wo erneut eine
Nachhilfestunde mit Marin stattfinden sollte. Er hatte überhaupt
keine Lust, aber dieses Mal hatte er wenigstens eine Aufgabe: Er
wollte herausfinden, ob Marin neulich am Eisernen Steg war oder er
gar derjenige in Berlin war, der ihn angegriffen hatte.
„Robin,
schön, dass du wieder gekommen bist. Heute möchte ich Atemübungen
zur Konzentration mit dir machen. Daher wird es dieses Mal sehr ruhig
und du musst das Wasser nicht heraufbeschwören.“
„Heißt
das, ich habe völlig umsonst meine Badehose angezogen?“, wollte
der Sechzehnjährige wissen.
„Das
ist richtig, aber ja nicht so schlimm“, war Marins Antwort. Am
liebsten wäre er ihm dabei an die Gurgel gesprungen.
Sie setzten sich auf den
Boden an den Rand des Pools. Im Schneidersitz gegenüber saßen sie
nun da.
„Bevor
wir anfangen“, warf Robin ein, „möchte ich dich was fragen.“
„Ja
bitte?“
„Neulich
war ich abends mit Aria unterwegs.“
„Ja?“
„Wir
waren tanzen.“
„Super“,
kommentierte Marin dies erfreut. „Und was hat das mit mir zu tun?“
Das Elementum hatte sich
einen Plan einfallen lassen, um herauszufinden, ob Marin dort war. Er
hoffte, dass es funktionierte. Daher fuhr er fort:
„Wir
waren in Sachsenhausen tanzen. Danach gingen wir zum Südbahnhof und
fuhren mit der U-Bahn zurück zur Schule.“
Kurze Pause. Marin
widersprach nicht, sondern schaute ihn weiterhin fragend an. Er
hoffte, dass er ihm widersprach und sagte, er wäre am Eisernen Steg
gewesen. Doch entweder war Marin tatsächlich sehr gerissen oder er
war nicht dort.
„Ich
warte auf die Frage“, forderte Marinas Bruder ihn auf.
„Kann
es sein, dass du auch unterwegs warst?“
„Wie
kommst du darauf?“
„Ich
dachte, ich hätte dich gesehen.“
Robin passte gut auf, wie
Marin nun reagieren würde. Vielleicht geriet er ja ins Stottern.
„Nein,
das kann nicht sein“, war stattdessen seine Antwort. „Ich brauche
meinen Schlaf und gehe deshalb jeden Tag um halb zehn ins Bett.“
Mist,
dachte sich Robin. Marin ist ziemlich souverän. Nun wusste er nach
wie vor noch nicht, ob er ihn angegriffen hatte.
„Können
wir nun anfangen?“, erkundigte sich der Wasser-Elementarist leicht
genervt.
„Ja“,
war Robins leicht enttäuschte Antwort. Nun blieb ihm nichts anderes
übrig, als mit ihm die Nachhilfestunde durchzuziehen.
Währendessen wollte Jojo
seinem Kumpel Iggy einen Gefallen tun und daher suchte er Peter auf.
Er wollte herausfinden, ob Iggy vielleicht eine Chance bei ihm hatte.
Er erkundigte sich bei
den anderen Erd-Elementaristen, wo Peters Zimmer war und suchte es
auf. Er klopfte an der Tür. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sich
die Tür öffnete.
„Hallo.
Was kann ich für dich tun?“
„Hallo
Peter! Du weißt, wer ich bin?“
„Natürlich“,
antwortete er freundlich. „Du bist nicht gerade jemand, den man
übersehen kann.“ Bei diesem Satz schaute er Jojo von oben bis
unten grinsend an. Tatsächlich war der große Erd-Elementarist mit
den massigen Muskeln keine unauffällige Person. Obwohl er ein
ruhiger und zurückhaltender Typ war, fielen die Blicke auf ihn,
sobald er den Raum betrat.
Schließlich fuhr Jojo
fort:
„Ich
bin hier, weil ich gehört habe, dass du dich total mit Pflanzen
auskennst. Ist das wahr?“
„Ja“,
bestätigte Peter. „Ich liebe Blumen über alles.“
„Ach
sehr gut. Ich möchte nämlich eine Hausarbeit zum Thema Orchideen
schreiben.“
„Echt
wahr?“, hakte er nun neugierig nach. Seine Augen fingen zu strahlen
an. „Orchideen sind meine Lieblingsblumen. Komm herein! Ich habe
hier sogar welche herumstehen.“
Jojo war stolz auf sich,
dass seine Ausrede funktionierte. Er betrat das Zimmer und war
überwältigt. Das ganze Zimmer war voller Pflanzen. Es war quasi
eine grüne Oase. In der einen Ecke standen einige Töpfe mit großen
grünen Pflanzen. Auf einem Sideboard standen mehrere Orchideen in
verschiedenen Farben. Ihm fiel sofort auf, dass es im Zimmer auch
sehr warm war. Einige Solarstrahler sorgten dafür.
„Wow!“,
rief der bullige Schüler erstaunt aus.
„Danke
dir!“
Über dem großen
Doppelbett waren einige Regalbretter angebracht, auf denen allerlei
Botanik-Bücher standen. In diesem Moment bemerkte Jojo, dass das
zweite Bett in dem Zimmer fehlte.
„Du
hast ein Einzelzimmer?“, fragte er deshalb den dunkelhaarigen
Eementaristen mit dem außergewöhnlich edlen Klamottenstil.
„Ja,
meine Eltern zahlen dafür eine extra Summe. Mir war es sehr wichtig,
Platz für meine Pflanzen zu haben. Zuhause habe ich ein eigenes
Treibhaus und einen riesigen Garten auf unserem Anwesen.“
„Anwesen?“
Jojo wurde bewusst, dass
Peter wohl stinkreich war. Denn nur so konnte sich seine Familie so
etwas leisten. Und dass man Einzelzimmer im Haus 4E haben konnte, war
ihm auch neu.
Peter setzte sich auf
sein Bett und bot Jojo einen Platz direkt neben ihm an:
„Setz
dich doch zu mir“, forderte er ihn auf.
Zögerlich nahm Jojo
Platz. Noch immer war er fasziniert von der Blütenvielfalt. Es roch
auch anders als in den anderen Zimmern. Hier roch es definitiv nicht
nach Jungenschweiß, sondern nach Frühling.
„Nun“,
fing der Pflanzen-Liebhaber an, „erzähl schon, warum du wirklich
hier bist.“
Jojo schaute seinen
Mitschüler erschrocken an. Hatte er ihn doch durchschaut?
„Wie
kommst du darauf...?“
Doch Peter ließ ihn gar
nicht zuende sprechen. Er legte seine Hand auf Jojos Knie und sprach:
„In
NaWi nehmen wir gerade ein Chemie-Thema durch und nicht Biologie.“
Im Haus 4E wurden nämlich
die drei Naturwissenschaften Chemie, Physik und Biologie abwechselnd
in einem Fach unterrichtet. So war eine Hausarbeit zum Thema
Orchideen gerade ziemlich unsinnig.
„Du
willst doch was ganz anderes von mir.“ Peter sah den großen
Burschen anzüglich an.
Jetzt wurde es Jojo aber
ziemlich unangenehm. Sein Plan ging furchtbar daneben. Das war gar
nicht seine Intention und Peter hatte es vollkommen missverstanden.
Er zuckte zusammen, als er die Hand auf seinem Bein spürte.
„Was
ist los?“, wollte Peter wissen.
„Ich
glaube, ich muss gehen.“ Damit sprang er auf und verließ
fluchtartig das Zimmer. Peter blieb verdutzt zurück.
Als Jojo wieder draußen
im Flur stand, musste er heftig durchschnaufen. Also einen Zweifel
konnte er wohl beheben, was Iggy wohl erfreuen würde. Einen anderen
hatte er jetzt wohl bei seinem Schulkameraden gehegt, welches ihm nun
sehr unangenehm war. Hoffentlich würde er das sehr schnell
vergessen. Die ganze Situation war ihm sehr peinlich.