Wie
befürchtet ging Iggy seinem Zimmergenossen aus dem Weg und sprach
kein Wort mit ihm. Auf der einen Seite war Robin traurig darüber,
schon wieder eine Auseinandersetzung mit seinem besten Freund in
diesem Internat zu haben. Auf der anderen Seite ärgerte ihn aber
ebenso die Naivität des Rotschopfs. Er verstand nicht, warum er
nicht erkannte, was für ein mieser Kerl Skye war.
Seine
anderen Freunde merkten schnell, dass es Streit zwischen den beiden
Jungs gab. Beim Mittagessen wurde es besonders offensichtlich, da
sich Iggy ganz weit weg von Robin an einen anderen Tisch setzte.
Jojo, Aria und sogar Marina saßen nun mit Robin zusammen und
starrten ihn erwartungsvoll an.
„Was
wollt ihr von mir?“, fragte er sie mit gespielter Unwissenheit.
„Jetzt
tu’ doch nicht so“, entgegnete Aria forsch. „Was ist zwischen
Iggy und dir vorgefallan?“
„Ach“,
wehrte der Sechzehnjährige mit einer lässigen Handbewegung ab, „das
war nur eine Kleinigkeit.“
„Aber
warum sitzt er dann jetzt nicht hier bei uns, sondern ganz weit
weg?“, hakte die hübsche Blondine weiter nach. „Jetzt rück'
schön mit der Sprache heraus. Wir werden dich solange nicht in Ruhe
lassen, bis wir die Geschichte kennen.“
Sein
heimlicher Schwarm konnte ganz schön hartnäckig sein, fand Robin.
Nach diesen Worten konnte er sie nicht so einfach abwimmeln. Er
haderte mit sich selbst, ob er ihnen wirklich den Grund des Streits
erzählen sollte. Er befürchtete, dass sie auf Iggys Seite sein
würden und ihm den Rücken zukehrten.
„Wenn
du jetzt nicht bald den Mund aufmachst, werden wir Iggy fragen“,
drohte Aria ungeduldig weiter.
„Lass
ihn doch“, mischte sich nun Marina kleinlaut ein. „Wenn es doch
eine Sache ist zwischen den beiden...“
„Hmpf“,
stöhnte die Luft-Elementaristin. „Nun gut, dann bitte sorge dafür,
dass ihr euch schnell wieder versöhnt. Wir haben einen Zirkel
gegründet und wollen endlich anfangen.“
„Womit
anfangen?“, hakte die schüchterne Streberin nach.
„Mit
einem Ritual“, war die knappe Antwort.
„Aber
wir kennen uns darin doch noch gar nicht aus“, gab Marina zu
bedenken.
„Deshalb
sollten wir alle zusammenarbeiten und mehr über die Durchführung
von Ritualen herausfinden.“
Damit
hing unausgesprochen in der Luft, dass Robin die Sache mit Iggy
schnell in Ordnung bringen musste. Also beschloss er, nach der Schule
noch einmal mit seinem Mitbewohner zu sprechen.
Am
Nachmittag wartete Robin, bis Iggy ihr gemeinsames Zimmer betrat.
„Wollen
wir nicht noch mal darüber reden?“, fragte der Sechzehnjährige
behutsam nach.
„Es
gibt nichts zu besprechen, denke ich“, antwortete der Rotschopf mit
den Sommersprossen leicht gereizt.
„Ich
finde es bescheuert, wie du dich wieder aufführst.“
„Ich
bin bescheuert?“, schoss es nun aus dem Feuer-Elementaristen wütend
heraus. „Du bist hier doch der Paranoide.“
„Vielleicht
hast du recht und ich bilde mir nur etwas ein. Aber schließlich ist
es mir doch erlaubt, mir die Gedanken zu machen, die ich für richtig
halte. Und wenn ich Vorbehalte gegenüber unserem Lehrer habe, dann
ist das einzig und allein meine Sache und sollte nichts mit unserer
Freundschaft zu haben. Ich rede dir auch nicht in deiner Meinung zu
irgendwelchen Leuten rein.“
„Aber
merkst du nicht, dass du auf der völlig falschen Fährte bist? Du
beschuldigst einfach irgendwelche unschuldigen Leute einer schlimmen
Tat!“
„Erstens
bin ich nicht der Meinung, dass ich auf der falschen Fährte bin und
selbst wenn es so wäre, hat das nichts mit dir oder unserer
Freundschaft zu tun. Und zweitens beschuldige ich niemanden, denn ich
habe mich dazu noch nicht geäußert. Solange ich mir nicht sicher
bin, sage ich auch nichts dazu. Und drittens hast du gestern solange
herum gemacht, bis du es aus mir heraushattest, um dann auf mich
sauer zu sein. Ich hätte es dir gar nicht sagen wollen. Also bist du
selbst daran schuld.“
Für
einen langen Moment schwiegen sich die beiden Elementaristen an.
Anscheinend wusste Iggy nicht, wie er darauf reagieren sollte. Dies
nutzte Robin aus, um weiter auf ihn einzureden:
„Jetzt
komm schon, Iggy. Ich weiß, du magst Skye und das toleriere ich.
Aber ich möchte nicht, dass wir uns streiten. Wir sollten
zusammenarbeiten, um endlich die Wahrheit zu erfahren. Deshalb
sollten wir uns nicht bekriegen.“
Immer
noch reagierte Iggy nicht. Er schien zu überlegen, wie er kontern
könnte.
„Wie
lange willst du auf mich sauer sein? Bis ich Skye genauso gerne habe
wie du? Meinst du nicht, dass das zu viel verlangt ist?“ Robin
versuchte, so einfühlsam wie möglich zu klingen, um seinen
Zimmergenossen nicht noch weiter zu provozieren.
„Also
gut“, gab Iggy schließlich nach. „Du hast ja recht. Lass uns
einfach nicht mehr über Skye reden.“
„Einverstanden“,
stimmte Robin mit einem freundlichen Lächeln zu, auf das der
Rotschopf ebenfalls mit einem Lächeln reagierte.
Die
beiden Jungen besiegelten dies mit einem Handschlag und von da an war
wieder alles beim Alten gewesen.
Komisch,
dachte sich Robin, Iggy
ist auf irgendeine Art und Weise wie ich. Er gerät schnell in Rage,
regt sich aber mindestens genauso schnell wieder ab.
Damit
wurde dem Sechzehnjährigen bewusst, dass er einen passenden Kumpel
gefunden hatte, mit dem er auf einer Wellenlänge ritt. Sie passten
freundschaftlich zusammen wie die Faust aufs Auge.
Die
anderen aus dem Zirkel waren ebenfalls darüber froh, dass sich die
beiden Streithähne wieder versöhnt hatten. Nun konnten sie sich auf
ihren Zirkel konzentrieren und die Recherchen für die Rituale
starten. Sie beschlossen, an einem Samstag die Internats-Bücherrei
zu durchforsten und alles über Zirkel und Rituale herauszufinden.
Marina behielt dabei immer ein kritisches Auge, da sie es besonders
genau nahm. Ohne hundertprozentige Sicherheit würde sie an der
Durchführung eines Rituals nie teilnehmen. Daher arbeiteten alle
fünf Jugendlichen gewissenhaft.