[Alien Fighter] Kapitel 7: Gefangen in der Dunkelheit


Im Raumschiff von Ilusio herrschte eine betrübte Stimmung. Lektra hattte es trotz Soll Datts neuer Bombe nicht geschafft, Beelze zu besiegen.
„Ich hatte angenommen, er sei endgültig erledigt, so wie er da lag.“
„Aber du hattest ihn nur verletzt“, sprach Ilusio. „Und so konnte ihn sein Heilmed heilen, genau so wie Heildas dich von deinen Verletzungen befreien konnte, als du hier wieder aufgetaucht bist.“
„Es tut mir schrecklich leid, Meister.“
„Das bringt jetzt auch nichts“, sprach Ilusio resigniert. „Wir müssen uns etwas anderes einfallen lassen.“
Der dunkle Meister verlor sich angestrengt in Gedanken. Ein neuer Plan muss her. Lektra hatte es bisher nicht geschafft, das Artefakt zu finden, welches sie suchten und sie konnte aber auch Beelze nicht besiegen. Mehr und mehr kam ihm der Gedanke, dass Lektra zu nichts zu gebrauchen wäre. Doch leider war seine Mannschaft auf dem Schiff ziemlich begrenzt. Er hatte nur sie, das kleine Heilmed namens Heildas und seinen stählernen Leibwächter Soll Datt. Bei diesem Gedanken ging ihm ein Licht auf und er sagte:

„Soll Datt und du werdet wieder die Rollen tauschen. Du machst dich erneut auf die Suche nach dem Artefakt. Derweil schicke ich Soll Datt auf die Erde, um Beelze loszuwerden. Hoffentlich hat er mehr Erfolg als du.“
Sofort teilte Lektra ihrem Kollegen die neue Kunde mit, wovon Soll Datt zunächst nicht begeistert war. Aber langsam entwickelte er einen Plan, wie er Beelze an den Kragen gehen konnte. Er beschloss, nicht so zu scheitern, wie es Lektra getan hatte. Sein Plan sollte besser und erfolgreicher ausfallen. Und so machte er sich gleich an die Arbeit.

Währendessen befanden sich Mei und Heildies bei Damon zuhause. Mei und Damon kannten sich zwar aus der Schule, aber hatten bislang nicht sonderlich viel miteinander zu tun, sodass sie beschlossen, sich näher kennen zu lernen.
So erfuhr Damon von Meis Familie und wie sie dort aufgewachsen war. Schon zu Kindergartenzeiten zeigte sich, dass die Beziehung zwischen ihren Eltern und ihr ziemlich problematisch zu werden schien. Meis Eltern hatten gewisse Erwartungen in das Kind, das es nicht erfüllen konnte oder wollte. So war Mei ein freches und vorlautes Mädchen, aber die Eltern erwarteten stets eine höfliche Zurückhaltung, besonders wenn sie vor fremden Menschen getreten waren. In Meis Familie war es beispielsweise Sitte, keine dummen Fragen zu stellen und so wurde ihr oft der Mund verboten. Ein anderes Beispiel war die Wildheit von Mei, die sie dazu beflügelte, ständig herum zu toben, zu rennen, auf Bäume zu klettern und sich auszuprobieren. Das mochten ihre Eltern auch nicht und verboten ihr solche Dinge, was sogar oft dazu führte, dass Mei in ihr Zimmer gesperrt wurde, um mit ihren Puppen zu spielen, die Mei auch nicht mochte. Umso älter Mei wurde, desto schlimmer war es für sie. Es war bis zum derzeitigen Zeitpunkt noch immer so, dass Meis Mutter ihre kleine Tochter lieber zu einer Dame erziehen würde, aber Mei blieb eher das neugierige und wilde Mädchen, welches sie so gerne war. Sie spielte nicht gerne mit Puppen. Dafür fotografierte sie gerne und erkundete die Welt. Sie mochte nicht die Klappe halten, sondern lieber Fragen stellen. Und so geriet sie immer wieder in den Konflikt mit ihren Eltern.
„Aber daran sieht man einfach, dass wir in Wirklichkeit nicht blutsverwandt sind.“
„Mei, bitte verspreche trotzdem,“ wand Heildies ein, „deinen Eltern nichts zu erzählen. Sie sollen im Glauben bleiben, du seist ihr leibliches Kind. Ansonsten würde es vielleicht zu noch mehr Problemen führen.“
„Das ist mir doch bewusst“, entgegnete sie. „So lange ich bei meinen Zieh-Eltern genug zu essen bekomme und eine Unterkunft habe, ist doch alles in Ordnung.“ Mei lachte los und Damon musste mitlachen.
Plötzlich flog ein Stein durchs offene Fenster und landete genau vor Damons Füßen. Alle drei wunderten sich darüber. Als Damon sich bückte, um den Stein aufzuheben, sah er, dass ein Stück Papier um den Stein gewickelt war. Auf dem Papier war eine Nachricht verzeichnet. Damon laß vor:
„Komme zur alten Hütte am Stadtrand hinter dem Friedhof, wenn du deine menschliche Freundin wiedersehen willst. Gezeichnet, Soll Datt“
„Was hat das zu bedeuten?“, wollte Mei wissen.
„Das muss ein Helfer von Ilusio sein“, rief Heildies aus. „Er hat Jenny entführt.“
„Wir müssen sie retten“, beschloss Damon und zusammen machten sie sich auf den Weg zur besagten Hütte, die Mei gut kannte:
„Die Hütte ist sehr groß, aber herunter gekommen. Dort lagerten die Förster damals irgendwas, aber heute nutzen sie es nicht mehr. Ich habe da gerne mal mit ein paar Freunden verstecken gespielt. Es ist sehr dunkel, aber dank meinem tollen Gehör, habe ich meine Freunde dennoch stets gefunden und das Spiel gewonnen.“
„Sehr gut“, lobte Damon. „Dein Gehör könnte uns dort dann von großem Nutzen sein.“

Als die drei vor der Hütte ankamen, verwandelten sich Damon und Mei zunächst in ihre außerirdischen Ebenbilder: Beelze und Audia. Dann wollten sie das heruntergekommene Gebäude betreten, aber Audia wies daraufhin, dass Heildies vielleicht draußen bleiben sollte, damit es einschreiten könnte, falls es sich um eine Falle handelte. Damon hatte zwar versucht, Jenny telefonisch zu erreichen, um sich zu vergewissern, dass es nicht nur ein Trick gewesen war und Jenny meldete sich auch nicht, aber vielleicht hatte das trotzdem natürliche Gründe und sie schwebte gar nicht in Gefahr. Heildies stimmte zu und so betraten Beelze und Audia alleine die Hütte.
Vorsichtig öffneten sie die Tür und blickten in den staubigen Lagerraum. Es war düster, doch ein paar Lichtschimmer blitzten durch einige Risse in der Holzwand. Bis auf sehr viel Staub und Erde, war der Raum, der die Größe einer kleineren Turnhalle besaß, leer. Sie machten zwei Schritte in die Hütte, als es plötzlich knackte und der Boden unter ihnen zusammenbrach.
Sie schrien beide los und fielen ein paar Meter in die Tiefe. Als sie sich wieder sammelten, bemerkten sie, dass sie sich nun in einer völligen Dunkelheit befanden. Die Hand vor Augen war nicht einmal mehr zu erkennen.
„Aber was ist das für ein Geruch“, fragte sich Beelze.
„Das ist Gas“, erklärte ihm Audia. „Mist!“
„Gas? Jetzt kann ich nicht mal mehr mein Feuerzeug anzünden und uns Licht mit meinem Feuer machen.“
„Richtig! Das hatte dieser Kerl gut eingefädelt. Wenn du dein Feuerzeug anmachst, fliegen wir mitsamt der Hütte in die Luft.“
„Was machen wir denn jetzt?“, wollte Beelze wissen.
„Sei ruhig. Ich versuche, etwas zu hören.“
Und da hörte Audia leise zischende Geräusche.
„Schnell bück dich!“, schrie sie und kaum nahm er seinen Kopf herunter, spürte Damon einen kleinen Luftzug über sich.
„Was war das?“, keuchte er.
„Das waren kleine Pfeile, die auf uns abgefeuert wurden. Das war eine Falle. Er muss hier verschiedene Mechanismen installiert haben, die dich zur Strecke bringen sollten.“
„Oje“, stöhnte Beelze entsetzt. „Ohne dich wäre es jetzt aus mit mir.“
Audia konzentrierte sich und lauschte den Geräuschen. Sie vernahm ein leises Wimmern.
„Jenny ist hier irgendwo. Ich kann sie weinen hören.“
„Oh nein“, rief Beelze. „Jenny!“
Audia gab ihrem Freund zu verstehen, dass er sich an ihr festhalten sollte. Ganz langsam und bedächtig bewegten sie sich vorwärts. Nach ein paar Schritten blieb sie plötzlich stehen. Nach einem leisen Knacken fiel irgendwas von der Decke und landete laut polternd vor ihren Füßen.
„Das war ein Felsblock, der uns auf den Kopf fallen sollte“, erklärte Audia.
Beelze war ganz mulmig zumute und hatte weiche Knie. Doch er vertraute seiner neuen Gefährtin, versprach sich aber in Gedanken selbst, das nächste Mal auf jeden Fall eine Taschenlampe mitzunehmen.
Jeder Schritt, den sie machten, wurde bedächtig abgewartet. Audia musste sich sehr konzentrieren, da schnell reagiert werden musste, falls eine neue Falle ausgelöst wurde. Da ertönte wieder ein lautes, undefinierbares Geräusch und etwas Großes sauste direkt vor ihnen vorbei. Und ein paar Sekunden später kam das Ding zurück gesaust.
„Das ist ein Pendel“, stellte Audia flüsternd fest. „Ich möchte mir nicht ausmalen, was das für ein Pendel ist.“
Doch Beelze hatte schon gewisse Bilder im Kopf und stellte sich eine riesige Metallkugel vor. Oder noch viel schlimmer: Ein überdimensionales Beil, was sie in Stücke hacken sollte.
„Uns bleibt aber kein Umweg. Wir müssen den richtigen Augenblick erwischen und schnell vorbeiziehen.“
„Hast du keine Angst, verletzt zu werden?“, wollte Beelze von seiner Mitstreiterin wissen.
„Natürlich habe ich auch Angst, Beelze. Aber ich habe versprochen, mich diesem Abenteuer zu stellen und darum werde ich es durchziehen.“
Beelze war sehr beeindruckt von Audia. Sie hat erst kürzlich von ihrem Schicksal erfahren, war aber schon um einiges mutiger als er. Dafür konnte man sie nur bewundern und er beschloss, sich selbst auch mehr zusammenzureißen und anzustrengen, sodass er Jenny, aber eben auch die ganze Welt, retten konnte.
„Drei, zwei, eins!“, rief Audia und riss ihren neuen Mitstreiter mit sich nach vorne. Von Adrenalin angetrieben schnellten die beiden an dem unsichtbaren Pendel vorbei. Gerade fix genug, sodass Beelze nur den Windstoß hinter ihm bemerkte.
Nun hörte Beelze ebenfalls das leise Wimmern Jennys. Audia ertastete eine Tür vor ihnen und betätigte die Türklinke, aber sie ließ sich nicht öffnen.
„Dahinter muss sie sein“, vermutete Beelze.
„Ja“, erwiderte Audia, „aber ich weiß nicht, wie wir da reinkommen.“
Doch Beelze überlegte nicht lange und warf sich mit seinem vollen Gewicht gegen die Tür, die sodann aufschlug. Triumphierend sprach er:
„Bei dieser Mission sollte ich doch auch mal zu etwas nutze sein.“
Das Wimmern hörte aber mit dem Eintreten der Tür nicht auf. Es war jetzt klar vernehmbar und Audia wusste sofort, dass sie getäuscht wurden:
„Ein Tonbandgerät. Ich hätte es wissen müssen, aber ich dachte, die Wände seien Schuld, dass ihr Geheule so stumpf klingt.“
„Was bedeutet das? Wo ist Jenny dann?“
„Na hier“, ertönte eine blecherne Stimme dann von oben und eine Klappe in der Decke öffnete sich, durch das nun Licht in das Gewölbe flutete.
„Wer bist du?“, schrie ihn Beelze an.
„Ich bin Soll Datt, zweiter Offizier und Leibwächter von Ilusio, Sohn des Dunklen Welchen. Aber eigentlich erwartete ich nur dich, Junge vom Planeten Capra. Aber jetzt ist da ja noch ein Mädchen von Akuo.“
„Richtig erkannt, Blechbüchse. Ich bin Audia und gemeinsam werden wir dich hier schon vertreiben.“
„Pah!“, entgegnete Soll Datt abwertend. „Seht ihr das hier in meiner Hand?“
Der außerirdische Bösewicht hielt ein angezündetes Streichholz in der Hand und die beiden Alienkids wussten sofort, was er damit bezwecken wollte. Wenn er es zu ihnen nach unten wirft, wird durch das Gas eine Explosion ausgelöst, was das Ende der beiden bedeuten würde. Entsetzt blickten sie nach oben und sahen sich ihrem Schicksal ergeben. Doch da tauchte Heildies von hinten auf, das dem eisernen Alien einfach mal eben kurz das Streichholz ausbließ.
„He?“, wunderte sich Soll Datt und sah das kleine fliegende Wesen an.
Und da erschien auch schon Jenny von hinten und stieß ihn durch die Falltür nach unten zu Beelze und Audia. Schreiend fiel er ihnen direkt vor die Füße.
„Jenny!“, rief Beelze freudestrahlend aus. „Du bist frei!“
„Ja, Heildies hat mir eben gerade die Fesseln abgenommen und mich befreit. So konnte ich euch diesen Mistkerl nach unten schicken. Mach ihn für mich fertig.“
„Gerne“, antwortete Audia. „Jetzt können sich mein Kickboxing-Stunden mal bezahlt machen!“
Schon sah Beelze seine neue Alienfreundin auf den bösen Fiesling eindreschen. Dieser konnte gar nicht so schnell reagieren und antwortete nur mit Wehklagen. Derweil warf Jenny ein Seil durch die obere Öffnung und fügte hinzu:
„Glücklicherweise hat der Blödmann das hier herumliegen lassen. Damit hat er mich nämlich gefesselt. Aber jetzt verhelfe ich euch damit zur Flucht.“
So konnten Audia und Beelze aus dem Loch ziehen und befanden sich nun auf einer Wiese hinter der großen Hütte. Beelze hatte zwar die Idee, ihrem Gegner mit seinen Kräften einen heißen Gruß nach unten zu schicken, aber Heildies hielt ihn davon ab, denn schließlich würde es zu einer lauten Explosion führen und die Menschen in der Umgebung in Aufruhr versetzen. Deshalb verschlossen die Freunde die Klappe einfach und ließen ihren bösen Freund da unten auf sich allein gestellt zurück. Dieser beklagte sich zwar lautstark, was die jugendlichen Aliens und das kleine Heilmed aber nicht im Geringsten interessierte. Erleichtert und hoch erfreut machten sie sich auf den Heimweg.

Nach diesem aufregenden Tag war Mei sehr stolz auf sich gewesen. Sie konnte nicht nur ihre Kräfte sinnvoll einsetzen, nein, sie konnte damit auch gegen das Böse bestehen und den Feind niederstrecken. Dadurch wuchs ihr Selbstbewusstsein umso mehr und sie wusste, egal, was ihre menschlichen Eltern sagten und was auch immer sie für richtig hielten, sie war dabei, den richtigen Weg einzuschlagen.
Sie fühlte sich in ihrer neuen Rolle als Mitglied von Damons Team sehr wohl. Für sie war der heutige Tag eine Feuerprobe gewesen. Die Mission war quasi auf ihre Fähigkeiten zugeschnitten und sie konnte perfekt beweisen, dass sie dem Ganzen gewachsen war und auch weiterhin dazu in der Lage war, für das Gute und für die Welt zu kämpfen.
Mit dieser Gewissheit legte sie sich in ihr Bett und schlief bald ein.

Währendessen verbrachte Soll Datt die halbe Nacht unter der Hütte und wartete darauf, dass Lektra ihn endlich da rausholen würde. Als sie ihn endlich fand, war sein Zorn so weit gewachsen, dass er sich schwor, es den beiden Alienkindern heimzuzahlen. Die Schmach, die er an diesem Tag ertragen musste, sollte er nicht erneut durchmachen müssen.
Lektra hingegen war ein wenig schadenfroh, da sie ja wusste, was Beelze so draufhatte, da sie vor ihm schon einige Male gescheitert war. Sie war froh darüber, dass nun auch Soll Datt wusste, dass die Bekämpfung dieses Knirpses nicht so ein leichtes Unterfangen war, wie Ilusio erwartete. Natürlich versprach sie ihrem Kollegen gleichzeitig, dass sie ihm bei der Bekämpfung von Beelze und Audia mit all ihren Mitteln zur Seite stehen würde.
Beide hatten nun dasselbe Ziel und dies bedeutete keine leichtere Zukunft für Damon, Jenny, Heildies und Mei. Sie mussten sich jetzt auf Einiges gefasst machen.