Im Weltraum unweit der Erde trieb ein kleines dunkles Raumschiff umher. Dieses Raumschiff war bemannt mit drei
Außerirdischen, die keine guten Absichten hatten. Eine dieser drei Außerirdischen war Lektra, die nun vor ihren Meister, namens Ilusio, Sohn des Dunklen Welchen, treten musste.
Trotz seines jungen Alters (denn er durfte nicht älter sein als Beelze) hatte sie sehr großen Respekt vor ihrem Herrn, was nicht nur daran lag, dass er der Sohn des Dunklen
Welchen war, sondern weil Ilusio selbst auch sehr starke Kräfte besaß. Zudem strahlte er mit seiner Erscheinung eine ungeheure Autorität aus. Er trug eine lange schwarze Robe, die seinen ganzen Körper verhüllte. Auf dem
Kopf trug er eine schwarze Kapuze, die sein Gesicht so in einem Schatten verbarg, dass nur seine stechend blutroten Augen hervorfunkelten. Den einzigen Schmuck, den er trug, war ein roter Robin auf seiner Brust. Nicht nur
für Lektra muss er furchterregend ausgesehen haben.
Als sie so vor ihm stand, erzählte sie ihm von den Begebenheiten auf der Erde und was ihr
im Museum widerfahren war.
„Wie bitte?“, hakte Ilusio mit seiner rauen, harten Stimme nach. „Du meinst, ein Bewohner
von Capra befindet sich auf der Erde?“
„Genau“, bejahte Lektra schrill, „ein Knirps, der sich Beelze nennt. Das konnte einer
der Säuglinge sein, welche Lucius damals von der Winkelgalaxie wegbrachte.“
„Und wenn es ein Junge von Capra ist, dann kann es nur der Sohn von Lucius sein, was bedeutet, dass Lucius nicht weit entfernt ist und das bedeutet wiederum, dass das mächtige Artefakt auch auf der Erde sein muss.“
Ilusio lächelte. „Unsere lange Suche hat ein Ende. Wir haben endlich den richtigen Planeten gefunden.“
„Und wie sieht jetzt Ihr weiterer Plan aus, Meister?“, wollte Lektra wissen.
„Finde diese Jungen und finde heraus, ob er vielleicht das Artefakt bei sich trägt! Wenn
es sein muss, vernichte ihn!“
„Ja, mein Meister.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Lektra und machte sich auf den
Weg zur Erde.
Am Morgen saß Damon am Frühstückstisch und löffelte traurig sein Müsli, als sein Vater die Küche betrat.
Er begrüßte gut gelaunt seinen Sohn, merkte aber, dass Damon nicht so gut gelaunt war. Daher wollte er wissen, was los war und sagte:
„Dich scheint etwas zu bedrücken, Damon. Was ist los?“
„Nichts. Ist schon gut, Papa.“
Damons Vater war nicht sehr zufrieden mit der Antwort seines Sohnes und hakte weiter nach:
„Irgendwas ist doch passiert, sonst würdest du nicht so traurig aus der Wäsche gucken.“
„Papa, es ist wirklich alles in Ordnung. Mach dir keine Sorgen.“ Um seinen Vater zu beschwichtigen,
lächelte er seinen Vater an, stellte die leere Müslischale in die Spüle und verzog sich wieder auf sein Zimmer. Zum Glück war heute Samstag und er hatte den ganzen Tag Zeit, über seine Situation nachzudenken. Er kramte in seiner Kommode und fand ein Medaillon, das ihm sein Vater ein paar Jahre zuvor geschenkt
hatte. Den goldenen Anhänger konnte man öffnen und darin waren zwei Fotos seiner Eltern enthalten. Diese schaute er sich verträumt an. Heildies kam aus seinem Versteck hinter dem Schrank hervor und sah auch, dass Damon
etwas beschäftigte. Anders als sein Vater, wusste das kleine Wesen aber, was die Ursache war.
„Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich für dich da, Damon.“
„Damon? Oder meinst du Beelze?“ Er schaute seinen neuen kleinen Freund mit fragendem Blick
an und sprach weiter: „Wer bin ich, Heildies? Bin ich ein Außerirdischer vom Planeten
Capra oder ein Erdenjunge? Bin ich der Sohn von Lucius oder sind die beiden Personen in der Küche meine Eltern?“
„Ach Damon“, entgegnete Heildies verständnisvoll, „du bist natürlich beides. Du musst
diesbezüglich keine Entscheidung treffen.“
„Das sagst du so leicht. Ich weiß aber nicht, ob das wirklich so ist. Ich muss darüber
nachdenken.“
Damon schnappte sich das Medaillon und verließ sein Zimmer. Er sagte kurz zu seinen Eltern,
dass er in den Park gehen und er zum Abendessen spätestens zurück sein würde. Daraufhin trat er den Weg nach draußen an.
Ein Stück spazierte Damon durch den Park und ließ seine Gedanken schweifen. Wer war er nun? Er grübelte nach und überlegte hin und her. Eigentlich war er doch ein zäher
Junge, der sich von nichts so leicht aus der Bahn werfen ließe. Aber diese Neuigkeit brachte ihn doch zum Grübeln. Vor allem wusste er gerade nicht, wie er auch noch seinen Eltern gegenüber treten sollte. Er wusste das
Geheimnis, dass er nicht ihr leiblicher Sohn war. In Zukunft würde er ihnen nur noch etwas vorspielen, wie er sich selbst sein ganzes Leben lang etwas vorgespielt hatte. Oder lag Heildies richtig und in ihm steckten zwei
Personen: Auf der einen Seite der menschliche Damon Dietrich und auf der anderen Seite der außerirdische Beelze vom Planeten Capra. Er wusste es einfach nicht.
Nach einiger Zeit setzte er sich auf eine Bank und betrachtete die Bilder in seinem Medaillon.
Sein angeblicher Vater mit seinen schwarzen Haaren und braunen Augen, seine markanten Gesichtszüge und den Bart-stoppeln, die seinen Mund umrandeten. Seine relativ große Nase, auf der ein kleiner Höcker erkennbar war. Dann
seine Mutter mit ihren schulterlangen dunkelblonden Haaren und grünen Augen. Sie hatte ein spitzes Kinn und eine kleine, gerade Nase. Jetzt, wo er sie betrachtete, erkannte er die kaum vorhandene Ähnlichkeit zu ihnen. Oder
besser gesagt, da war überhaupt keine Ähnlichkeit. Warum bemerkte er das nicht früher? Und warum erahnten das seine Eltern selbst noch nicht? Bei diesen Gedanken musste er laut seufzen.
Plötzlich raschelte es hinter ihm und eine schrille Stimme erklang:
„Da habe ich dich ja, Knirps!“ Es war Lektra, die aus dem Hinterhalt hervor-sprang. Sie
griff ihn von hinten an und riss ihm das Medaillon aus den Händen. Doch Damon ließ sich das nicht gefallen und stieß die außerirdische Frau von sich. Schnell sprang er von der Bank auf und versteckte sich hinter einer
großen Eiche. Dort rief er:
„Capra, Alien Form!“ Und schon begann seine Haut eine rote Farbe anzunehmen und ihm wuchsen
Hörner aus dem Kopf. So, dass ihn kein anderer Mensch im Park sehen konnte, verwandelte er sich erneut in Beelze. Dann kam er wieder hinter dem Baum hervor und sprach Lektra an:
„Was sollte das? Was willst du von mir?“
„Ich dachte vielleicht, dass dieses billige Ding hier“, und bei diesen Worten hob sie Damons
Medaillon in die Höhe, „ein Gegenstand deines Vaters Lucius sei. Aber da habe ich mich wohl geirrt.“
Mittlerweile blieben alle möglichen Menschen verwundert stehen und betrachteten diese komischen
Leute, die für sie anscheinend in Kostümen im Park eine Art Theaterstück aufführten. Keiner ahnte hier, dass es purer Ernst war.
„Sag mir, Knirps, hat dir dein Vater das mächtige Artefakt hier gelassen?“
„Wovon redest du? Ich weiß nicht, was du meinst?“
Lektra war sich nicht sicher, ob er die Wahrheit sprach. Vielleicht wollte er sie nur verwirren
und daher bestand sie erst einmal auf ihre Frage.
„Wenn du mir das Artefakt nicht freiwillig überlassen willst, werde ich es mir wohl oder
übel holen müssen.“ Und mit dieser Drohung holte sie eines ihrer kleinen, murmelgroßen Bomben heraus und warf es in Richtung Beelze. Ein lauter Knall ertönte und Beelze wurde zwei Meter weggeschleudert und lag sodann
auf dem Boden. Der Boden fing sofort Feuer. Die Schaulustigen wussten nun auch, dass es sich hierbei um kein Spiel handelte und rannten schreiend davon, sodass Beelze und Lektra allein zurück blieben.
Beelze richtete sich langsam wieder auf und schaute Lektra wütend an, als er rief:
„Du versuchst es ja schon wieder? Aber mit deinen kleinen Knallbonbons kriegst du mich nicht
klein. Du müsstest doch wissen, dass mir Feuer gerade zugute kommt.“ Und so schnappte er mit beiden Händen ins Feuer und formte zwei Feuerbälle, die er gegen Lektra richtete. Diese sprang aber noch rechtzeitig zur Seite
und versteckte sich hinter einem Busch.
„Nun stecke doch diesen Busch hier in Brand, wenn du willst. Damit vernichtest du nicht mich,
aber diesen schönen Park“, lachte sie laut und schrill.
Beelze musste nun nachdenken, was er tun sollte. Ein wenig tat ihm die Schulter weh, die er
sich wohl leicht bei seinem Sturz verletzt haben musste. Da sah er auch schon wieder eine kleine Bombe, die auf ihn zugerast kam. Sie schlug direkt vor ihm auf den Boden ein und warf ihn wieder ein paar Meter nach hinten.
Schmerzerfüllt schrie er kurz auf, fing sich aber sofort wieder und rannte in Richtung
des Busches, hinter dem sich Lektra versteckte. Er flitzte herum und ohne lange zu überlegen, versetzte er ihr einen Schlag in die Magengegend.
„Autsch“, schrie sie und ließ dabei das Medaillon fallen, „Du mieser kleiner…“ Doch
Beelze ließ sie nicht aussprechen und schlug sie noch einmal, sodass sie fiel. Gerade wollte sie wieder eine kleine Bombe hervorholen, aber unser Held trat ihr auf die Hand, sodass sie es sofort sein ließ. Trotzdem behielt
sie ihre freche Schnauze und sprach:
„Du weiß bestimmt, wo sich das Artefakt befindet. Also sag es mir, oder du wirst es bereuen!“
„Selbst wenn ich es wüsste, würde ich es dir nicht verraten“, gab er ihr zurück.
Aus purer Verzweiflung schrie Lektra laut los und ihre schrille Stimme schmerzte dem Jungen
in den Ohren, sodass er sie sich zuhalten musste. Lektra nutzte die Irritation, stand schnell auf und rannte davon. Als sie sich in einem sicheren Abstand sah, schrie sie noch:
„Wir werden uns wieder sehen, Knirps vom Planeten Capra“ und damit war sie verschwunden.
Zuhause angekommen verarztete Heildies den Jungen. Es setzte hierbei seine heilenden Fähigkeiten ein. Als seine
Wunden verschwanden und damit auch seine Schmerzen, realisierte Damon etwas, nämlich die Tatsache, dass es lediglich nur darauf ankam, dass er gesund und munter war und dass seine Eltern stets dafür gesorgt hatten, auch
wenn er nicht ihr leiblicher Sohn war. Er schnappte sich erneut sein Medaillon, das er sich glücklicherweise von Lektra zurückholen konnte. Er betrachtete die beiden Fotos seiner menschlichen Eltern darin und war glücklich
zu wissen, dass sie ihn liebten. Und er liebte sie. Das ist, was zählte, egal, ob er ihr leiblicher Sohn war oder nicht.
Zufrieden legte er das Medaillon zurück in seine Kommode und rannte ins Wohnzimmer zu seinen
Eltern, die sich gerade eine DVD im Fernsehen anschauten. Er setzte sich zwischen sie und umarmte beide feste. Seine Mutter und sein Vater waren sehr überrascht, aber erwiderten seine Umarmungen herzlich.
Heildies war auch sehr erfreut über diese Entwicklung, fragte sich aber immer noch, was wohl
das Artefakt war, was Lektra zu suchen versuchte. Es dachte angestrengt nach, ob es jemals schon mal davon gehört hatte, als es noch bei Lucius auf dem Planeten Capra lebte. Aber das kleine Wesen konnte sich absolut nicht
an so etwas erinnern. So musste es ebenfalls Nachforschungen anstellen müssen, um etwas Näheres zu erfahren. Und hierfür brauchte es einen Plan.